Kurzbesprechung
Änderung eines Einkommensteuerbescheids nach § 175b Abs. 1 AO
Die Änderung eines Einkommensteuerbescheids nach § 175b Abs. 1 der Abgabenordnung ist auch zulässig, wenn die unzutreffende Berücksichtigung der von einem Dritten übermittelten Daten auf einen Fehler der Finanzbehörde zurückzuführen ist.
BFH v. 20.2.2024 - IX R 20/23
AO § 93c, § 175b Abs 1,
EStG § 41b Abs 1 S 2 Nr. 3
Streitig war, ob das FA zur Änderung des Einkommensteuerbescheids 2018 nach § 175b Abs. 1 AO berechtigt war. Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz, die zu Recht entschieden hatte, dass das FA den Einkommensteuerbescheid nach § 175b Abs. 1 AO korrigieren musste.
Nach dieser Vorschrift ist ein Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern, soweit von der mitteilungspflichtigen Stelle an die Finanzbehörden übermittelte Daten im Sinne des § 93c AO bei der Steuerfestsetzung nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt wurden.
Das FG hatte zutreffend angenommen, dass es sich bei den vom (ehemaligen) Arbeitgeber des Steuerpflichtigen nach § 41b Abs. 1 Satz 2 EStG übermittelten elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen um übermittelte Daten im Sinne des § 93c AO handelt. Dies gilt auch für die nach § 41b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG übermittlungspflichtige Höhe des gezahlten Arbeitslohns. Denn § 93c Abs. 1 AO erfasst nach seinem Wortlaut alle steuerlichen Daten eines Steuerpflichtigen, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften von einer mitteilungspflichtigen Stelle an Finanzbehörden zu übermitteln sind. Hierzu gehören auch diejenigen Daten, deren Übermittlung an die Finanzbehörde erst in einem Einzelsteuergesetz ("auf Grund gesetzlicher Vorschriften") und nicht bereits in § 93c AO angeordnet wird.
Die von der mitteilungspflichtigen Stelle an die Finanzbehörden übermittelten Daten im Sinne des § 93c AO müssen bei der Steuerfestsetzung nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt worden sein. Dies war im Streitfall gegeben.
Nicht berücksichtigt sind übermittelte Daten, wenn sie nicht ausgewertet oder verarbeitet wurden und damit nicht Eingang in die Steuerfestsetzung gefunden haben. Nicht zutreffend berücksichtigt sind die übermittelten Daten, wenn die Auswertung oder Verarbeitung fehlerhaft erfolgte. Ein danach relevanter Fehler liegt jedoch nur vor, soweit die Verwendung der übermittelten Daten zu einer materiell unrichtigen Steuerfestsetzung geführt hat. Wirkt sich die unzutreffende Berücksichtigung steuerlich nicht aus, fehlt es an der Rechtserheblichkeit des Fehlers und einer Korrekturmöglichkeit. Unerheblich ist, worauf die unzutreffende Berücksichtigung der übermittelten Daten durch die Finanzbehörde zurückzuführen ist. Es kommt weder auf eine Verletzung der Mitwirkungspflichten durch den Steuerpflichtigen, einen Schreib- oder Rechenfehler des Steuerpflichtigen noch auf ein mechanisches Versehen der Finanzbehörde nach § 129 AO oder einen Fehler der Finanzbehörde bei der Tatsachenwürdigung oder Rechtsanwendung an.
Das FA war somit berechtigt und verpflichtet, den Einkommensteuerbescheid zu ändern. Ein Ermessen stand ihm nicht zu Der ehemalige Arbeitgeber des Steuerpflichtigen hatte die Daten vollständig und zutreffend übermittelt. Das FA hatte jedoch nicht die steuerlich zutreffenden Schlüsse gezogen. Die fehlerhafte Angabe der Änderungsnorm des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO unter "Art der Festsetzung" und die fehlerhafte Angabe des Datums des Ausgangsbescheids führte nicht zur Rechtswidrigkeit des geänderten Einkommensteuerbescheids.