Kurzbesprechung
Grunderwerbsteuer bei Grundstückserwerb im Umlegungsverfahren
1. Der Eigentumserwerb an Grundstücken durch einen interkommunalen Zweckverband im Rahmen einer Umlegung ist nicht von der Grunderwerbsteuer befreit, wenn der Zweckverband nicht als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks am Umlegungsverfahren teilgenommen hat.
2. Der Grundstückserwerb des Zweckverbandes ist auch nicht aufgrund einer interpolierenden Zusammenschau der Befreiungstatbestände von § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b i.V.m. § 4 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes steuerfrei zu stellen.
BFH v. 15.5.2024 - II R 4/22
GrEStG 2014 § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b, § 4 Nr. 1
Strittig ist die Festsetzung von Grunderwerbsteuer im Rahmen eines Umlegungsverfahrens. Der Kläger (und Revisionskläger) ist ein durch drei Kommunen gebildeter Zweckverband in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Zu seinen satzungsmäßigen Aufgaben gehört es, ein künftiges Gewerbegebiet mit einer Größe von etwa 24 ha zu planen und zu erschließen sowie die hierfür notwendigen Grundstücke zu erwerben. In 2013 leitete der Kläger ein Umlegungsverfahren gem. §§ 45 ff. BauGB ein, in das die Gemeinden und die Privateigentümer ihre Grundstücke einbrachten. Nachdem der Kläger dem zunächst zuständigen FA den Umlegungsplan übersandt hatte, setzte dieses mit Bescheid vom 27.5.2014 Grunderwerbsteuer in Höhe v. X € fest. Als Bemessungsgrundlage legte es die vom Kläger geleisteten Ausgleichszahlungen an die früheren Grundstückseigentümer zugrunde. Gegen den ursprüngl. Bescheid vom 27.5.2014 und einen weiteren Änderungsbescheid vom 17.6.2020 legte der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage ein, welche das FG mit Urteil vom 22.10.2020 abwies.
Mit der hiergegen erhobenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er macht geltend, die Regelung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b GrEStG sei über ihren Wortlaut hinaus anzuwenden, da er das Umlegungsverfahren stellvertretend für die Gemeinden als Grundstückseigentümer geführt habe. Eine vollständige Steuerbefreiung ergebe sich jedenfalls bei einer wertenden Zusammenschau von § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b i.V.m. § 4 Nr. 1 GrEStG, da es sich bei dem Grundstückserwerb im Umlegungsverfahren lediglich um einen abgekürzten Leistungsweg handele.
Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen und führte in seiner Entscheidung aus, dass das FG hat zu Recht entschieden habe, dass der im Wege der Umlegung erfolgte Grundstückserwerb des Klägers der Grunderwerbsteuer unterliegt und eine Steuerbefreiung weder aufgrund von § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b GrEStG noch aufgrund von § 4 Nr. 1 GrEStG noch aufgrund einer wertenden Zusammenschau von § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b i.V.m. § 4 Nr. 1 GrEStG in Betracht komme. Entgegen der Auffassung des Klägers sei § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b GrEStG nicht in dem von dem Kläger begehrten Sinne erweiternd auszulegen. Eine erweiternde Auslegung gegen den Wortlaut des Gesetzes werde nur dann für zulässig erachtet, wenn aufgrund des unklaren Wortlauts der Vorschrift eine Regelungslücke anzunehmen sei und eine wortgetreue Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führen würde. Dass eine gesetzliche Regelung rechtspolitisch als verbesserungswürdig anzusehen ist, reiche hingegen nicht aus.