Aktuell im UStB
FG Köln zur Anwendung des One Stop Shop (OSS)-Verfahrens bei Organkreisen mit Auslands-Betriebsstätten (Jansen, UStB 2024, 53)
Im EU-Ausland steuerbare und steuerpflichtige elektronische sonstige Leistungen an Nichtunternehmer können seit dem 1.7.2021 vereinfachend über das One Stop Shop-Verfahren gem. § 18j UStG versteuert werden. Bei Organschaften versagt die deutsche Finanzverwaltung derzeit dem gesamten Organkreis die Meldung von Umsätzen über das OSS-Verfahren in einzelnen Ländern, wenn auch nur eine Organgesellschaft in diesem Land über eine Betriebsstätte bzw. feste Niederlassung verfügt. Das FG Köln widerspricht dieser Vorgehensweise, da es sich um eine unionsrechtswidrige Auslegung der Vorschriften zum OSS handelt. Der Beitrag erläutert die Entscheidung des FG und befasst sich mit den divergierenden Rechtsauffassungen der Verfahrensbeteiligten.
I. Gegenstand des Verfahrens
II. E-Commerce und Umsatzsteuer seit dem 1.7.2021
III. Organschaft und OSS-Verfahren
IV. Der Fall des FG Köln
1. Sachverhalt und Rechtsauffassungen der Beteiligten
2. Entscheidung des FG Köln
3. Praxishinweise
V. Zusammenfassung
I. Gegenstand des Verfahrens
Das FG Köln hat sich mit Beschluss vom 3.4.2023 zu Einzelheiten des besonderen Besteuerungsverfahrens für bestimmte, im übrigen Gemeinschaftsgebiet zu versteuernde, Umsätze geäußert. Dieses sog. „One Stop Shop“ (OSS)-Verfahren ist in der aktuellen Fassung seit dem 1.7.2021 aufgrund EU-rechtlicher Vorgaben anzuwenden (Art. 369a ff. MwStSystRL), wenn an Nichtunternehmer Leistungen erbracht werden, die im übrigen Gemeinschaftsgebiet der Umsatzbesteuerung unterliegen. Dies betrifft Fernverkäufe von Waren nach § 3c UStG (früher „Versandhandel“), Lieferungen, die über eine elektronische Schnittstelle abgewickelt werden, z.B. über Online-Marktplätze, sowie elektronisch erbrachte Dienstleistungen, die an im EU-Ausland ansässige private Endverbraucher und andere Nichtunternehmer erbracht werden („B2C“ = Business to Consumer).
II. E-Commerce und Umsatzsteuer seit dem 1.7.2021
Sofern derartige Lieferungen und Leistungen an Unternehmer in anderen Mitgliedstaaten erbracht werden, wird die Umsatzsteuerschuld auf die im Ausland ansässigen Unternehmer übertragen, sei es als innergemeinschaftlicher Erwerb bei körperlichen Gegenständen oder als Reverse Charge-Verfahren bei sonstigen Leistungen, analog zu § 13b UStG. Im Leistungsaustausch zwischen Unternehmern treffen den inländischen Leistenden daher keine Erklärungs- und Steuerzahlungspflichten im EU-Ausland.
Bei Leistungen an Nichtunternehmer ist dies anders. Da dem Nichtunternehmer nicht zugemutet werden kann, Umsatzsteuer auf aus dem EU-Ausland empfangene Waren und Dienstleistungen abzuführen, bleibt der leistende inländische Unternehmer Schuldner der im Ausland zu entrichtenden Umsatzsteuer. Dies führt bei international tätigen Unternehmen zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand, da sie sich in jedem einzelnen Land, in dem sie steuerpflichtige Umsätze ausführen, für umsatzsteuerliche Zwecke bei den dortigen Finanzbehörden registrieren und – unter Beachtung des jeweiligen Landesrechts – Steueranmeldungen abgeben müssen. Die internen und externen Kosten bei Beauftragung von lokalen Steuerberatern im Ausland betragen schnell mehrere Tausend Euro pro Jahr und Land.
Das OSS-Verfahren, dem zuvor in einem eingeschränkten Umfang das Mini-OSS-Verfahren (MOSS) vorangegangen war, bietet hier für die Unternehmer grundsätzlich eine (...)