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Der digitale Nachlass – Praxisprobleme und Gestaltungsempfehlungen (Witzheller, ErbStB 2023, 16)
Während die Nutzung von Computern, Smartphones und dem Internet im beruflichen und privaten Alltag längst selbstverständlich geworden ist, führt die Vorsorge und testamentarische Gestaltung hinsichtlich des digitalen Nachlasses bislang in der Beraterpraxis eher ein Schattendasein. Obwohl der digitale Nachlass zunehmend nicht nur hochsensible dienstliche oder höchstpersönliche Informationen, sondern auch große Vermögenswerte wie Kryptowährungen oder „Influencer-Konten“ enthält, sucht man in einem Großteil der letztwilligen Verfügungen vergeblich eine Regelung der diesbezüglichen Nachfolge. Der Beitrag zeigt die Problematik auf und erläutert die zur Verfügung stehenden Gestaltungsmöglichkeiten, ergänzt um Formulierungsbeispiele für entspr. Regelungen.
I. Einleitung
II. Überblick über die Rechtslage
III. Praxisprobleme und Gestaltungsempfehlungen
1. Wunsch des unbeschränkten Zugriffs durch sämtliche Erben
2. Teilweise Verweigerung des digitalen Nachlasses
a) Rein technische Lösungen nicht zielführend
b) Lebzeitige Errichtung einer post- oder transmortalen Vollmacht
c) Erbrechtliche Gestaltungsmittel – Sicherung durch Testamentsvollstreckung
aa) Auflage (§ 1940 BGB)
bb) Teilungsanordnung (§ 2040 BGB)
cc) Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB)
dd) Testamentsvollstreckung flankiert mit Verwaltungsanordnungen
3. Vollständige Verweigerung des Zugriffs auf den digitalen Nachlass
4. Technische Vorsorge – Übermittlung der Passwörter
a) Führung einer privatschriftlichen Liste unpraktikabel
b) Keine Niederschrift in der letztwilligen Verfügung
c) Einführung eines Passwort-Managers mit einem sog. Masterpasswort
IV. Fazit
I. Einleitung
Während die Nutzung von Computern, Smartphones und dem Internet im beruflichen und privaten Alltag längst selbstverständlich geworden ist, führt die Vorsorge und testamentarische Gestaltung hinsichtlich des digitalen Nachlasses bislang in der Beraterpraxis eher ein Schattendasein. Obwohl der digitale Nachlass zunehmend nicht nur hochsensible dienstliche oder höchstpersönliche Informationen, sondern auch große Vermögenswerte wie Kryptowährungen oder „Influencer-Konten“ enthält, sucht man in einem Großteil der letztwilligen Verfügungen vergeblich eine Regelung der diesbezüglichen Nachfolge.
II. Überblick über die Rechtslage
Seit der Grundsatzentscheidung des BGH (BGH v. 12.7.2018 – III ZR 183/17, NJW 2018, 3178) steht fest, dass der digitale Nachlass samt personenbezogener Daten uneingeschränkt vererbbar ist, d.h. auch höchstpersönliche Rechte – bspw. Nachrichten vertraulichen Inhalts – unterliegen der Gesamtrechtsnachfolge.
Sofern der Erblasser testamentarisch nichts anderes regelt, geht mit seinem Tode sein gesamter digitaler Nachlass auf seine gesetzlichen Erben über, so dass sämtliche Erben rechtlichen Zugriff auf sämtliche Daten, d.h. Nachrichten, Fotos und Accounts, erhalten.
Einem tatsächlichen Zugriff durch die Erben steht regelmäßig auch eine besonderes gewiefte Passwortwahl des Erblassers nicht entgegen, da die Vertragspartner ggü. den Erben i.d.R. sogar zur Verschaffung des Zugangs verpflichtet sind bzw. ein dahingehender Auskunftsanspruch besteht.
Beraterhinweis Viele Mandanten gehen irrtümlich davon aus, dass eine Einsichtnahme der Erben zumindest bei höchstpersönlichen E‑Mails bzw. Nachrichten unzulässig oder ein Zugriff bereits rein technisch nicht möglich sei, da den Erben die entspr. Passwörter nicht bekannt sind. Oberste Priorität hat daher zunächst die Aufklärung der Mandanten über die Rechtslage und die daraus folgende Erforderlichkeit einer Regelung des digitalen Erbes. Erst nach einer entspr. Sensibilisierung des Mandanten wird dieser seine Zielvorstellungen adäquat äußern, so dass auf dieser Basis eine interessenorientierte Beratung und Gestaltung erfolgen kann.
III. Praxisprobleme und Gestaltungsempfehlungen
Die umfassende Vorsorge hinsichtlich des digitalen Nachlasses stellt den Berater häufig vor eine Vielzahl wiederkehrender rechtlicher und praktischer Probleme. Im Zentrum der Beratung steht dabei stets die Frage, ob der Mandant (...)