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Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte – verfassungsrechtlich ein Irrweg? (Moritz, DB 2024, 2180)
Die im Schrifttum stets angezweifelte Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Termingeschäften war kürzlich Gegenstand mehrerer FG-Entscheidungen. Nachdem auch der VIII. BFH-Senat jüngst dazu eine vielbeachtete AdV-Entscheidung gefällt hat, gibt dies Anlass, sich insb. unter Berücksichtigung der BFH-Entscheidung nochmals mit dieser Thematik auseinanderzusetzen.
I. Einleitung
II. Ausgangslage
III. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 GG als Maßstab
1. Doppelte Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich zweifelhaft
2. Verlustverrechnungsbeschränkung nicht folgerichtig
3. Gesetzliche Regelung kann zur Besteuerung wirtschaftlich nicht erzielter Gewinne und zum endgültigen Ausschluss des Verlustausgleichs führen – asymmetrische Besteuerung
4. Verfehlte Zielsetzung des Gesetzgebers
5. Ungleichbehandlung mit Termingeschäften i.S.d. § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG
IV. Ergebnis und Ausblick
Redaktionelle Hinweise
I. Einleitung
Vor dem Hintergrund, dass das FG Baden-Württemberg eine vom CDF-Verband unterstützte Musterklage gegen die Verlustbeschränkung für Termingeschäfte mit Urteil vom 06.05.2024 abgewiesen, indes wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen, das FG Rheinland-Pfalz kurz zuvor in einem Verfahren der AdV dem Begehren der Antragsteller hingegen stattgegeben und mittlerweile der BFH die dagegen eingelegte Beschwerde des FA mit sorgfältig und umfassend begründetem Beschluss vom 07.06.2024 zurückgewiesen hat, ist die Verfassungsmäßigkeit der Verlustbeschränkung für Termingeschäfte verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Das gilt umso mehr, als nach den Entscheidungen des BFH und des FG Rheinland-Pfalz in den AdV-Verfahren damit zu rechnen ist, dass beide Gerichte in den jeweiligen Hauptsacheverfahren an ihrer bisherigen Rechtsauffassung festhalten. Das läuft letztlich auf eine Vorlage an das BVerfG hinaus, da eine Verwerfungskompetenz nur dem BVerfG, nicht aber einem FG und auch nicht dem BFH zukommt.
Wie beim Verlustverrechnungsverbot für Verluste aus Aktienveräußerungen stellt sich auch hier die Frage, ob das Verlustverrechnungsverbot für Termingeschäfte verfassungsrechtlich haltbar ist.
II. Ausgangslage
Die Neufassung des § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG geht zurück auf Art. 5 Nr. 1 des Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen vom 21.12.2019. Sie schafft – vergleichbar dem Verlustverrechnungskreis für Aktienverluste gem. § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG – neben dem allgemeinen Verlustverrechnungsverbot des § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG einen speziellen Verlustverrechnungskreis für Termingeschäfte, indem Verluste aus Termingeschäften gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG nur mit Gewinnen aus Termingeschäften gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG und solchen aus Stillhalterprämien gem. § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG verrechnet werden dürfen. Ein Ausgleich oder eine Verrechnung mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen (z.B. Zinsen, Dividenden, Kursgewinnen aus Aktien, Fondsanteilen oder sonstigen Wertpapieren) ist nicht vorgesehen. Erschwerend kommt hinzu, dass – anders als z.B. bei Aktienverlusten (vgl. § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG) – Verlustausgleich und Verlustverrechnung jährlich (...)